Am 12. August 2012 ließ die Meldung von der Wiederentdeckung der Großfürst Constantin II vor Rügen die Freunde der Unterwasserarchäologie aufhorchen. Dies wäre zurecht eine Sensation gewesen, denn das Schiff stand am Beginn einer schiffbautechnischen Revolution. Es war Zeuge einer Epoche, in der innerhalb von nur wenigen Jahrzehnten der Eisenschiffbau den Holzschiffbau im Bereich der Handelsflotten verdrängte. Das macht gerade diese Schiffe als Zeugen des Umbruchs für die Dokumentation der Seefahrtsgeschichte sehr wertvoll, sodass eine Erhaltung des Wracks zwingend erforderlich wäre.
Aus diesem Grund starteten die Mitglieder des Landesverbandes für Unterwasserarchäologe Anfang Oktober 2012 eigene Ermittlungen zu den Geschehnissen des 26. Januar 1861. Eigentlich sollten die gesammelten Daten dazu dienen ein umfassendes Sicherungs- und Erhaltungskonzept für das Unterwasserdenkmal zu erstellen, doch kam es ganz anders. So warfen die Dokumentationsarbeiten am Wrack mehr Fragen auf, als sie beantworteten und zwangen zu neuen Recherchen.
Die neuen Recherchen zu den Schiffsantrieben der damaligen Zeit konnten erst in der zweiten Januarwoche 2013 abgeschlossen werden. Im folgenden finden Sie unsere Pressemeldung aus dem Januar 2013 und Fotos mit Erläuterungen vom Fundplatz.
Pressemeldung des Landesverbandes für Unterwasserarchäologie vom 10. Januar 2013
Wrack vor Hiddensee war nicht die „Großfürst Constantin“:
Schraubendampfer ist deutlich jünger

Die Mitglieder des Landesverbandes für Unterwasserarchäologie M/V führten zwischen dem 01. Oktober und dem 31. Dezember 2012, gefördert durch das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur M/V, unter der Leitung von K. Schaake historische und archäologische Untersuchungen zum Untergang des Schraubendampfers „Großfürst Constantin II“ auf dem Fundplatz Hiddensee 84 durch.
Dieses Schiff wurde im Jahre 1857 auf der Tischbeinwerft in Rostock erbaut und war eines der ersten in Mecklenburg erbauten seegängigen eisernen Dampfschiffe. Es ist daher für die Dokumentation und Erforschung der regionalen Seefahrtsgeschichte sehr wertvoll. Die Identifizierung des am 26.01.1861 vor Wittow gesunkenen Schiffes mit dem Wrack am Fundplatz Hiddensee 84, wie durch T. Förster im August 2012 gemeldet, wäre eine Sensation. Böte sich doch damit erstmals die Möglichkeit die kurze, aber wichtige und spannende Übergangsphase vom Holz- zum Eisenschiffbau in der Mitte des 19. Jahrhunderts für Mecklenburg-Vorpommern am realen Fund nachzuvollziehen.
Ziel der Untersuchungen des Landesverbandes war neben einer Übersichtsdokumentation des Fundplatzes auch eine unabhängige Bestätigung der Identifizierung. Beides unbedingt notwendige Schritte, um die für einen solch bedeutenden Fund notwendigen Schritte zur Erhaltung und Dokumentation einzuleiten. Im Rahmen der Arbeitenwurden dazu drei unterschiedliche Methoden eingesetzt.
- Sichtung und Auswertung historischer Quellen
- Dokumentation und Auswertung des archäologischen Befundes
- Auswertung von Holzproben mittels Dendrochronologie
Die Sichtung unterschiedlicher historischer Quellen in den Stadtarchiven von Stralsund und Rostock offenbarte die Dramatik der damaligen Ereignisse. So gelang es den Mitgliedern anhand von erhaltenen Dokumenten und Zeitungsartikeln aus dem Jahre 1861 die letzte Fahrt des Schraubendampfers Großfürst Constantin II detailliert zu rekonstruieren. Weitere Nachforschungen fanden im Rostocker Schifffahrtsmuseum statt. Dort befindet sich neben einem Modell des Schwesterschiffes Erbgroßherzog Friedrich Franz II auch ein Kapitänsbild, auf dem beide Schiffe abgebildet sind. Das besondere Interesse galt dabei dem Modell des Schwesterschiffes, da es mit den Ankern, der Ankerwinde usw. Details zeigt, die auch am Wrack Hiddensee 84 zu finden sind. Leider bestätigten die museumsinternen Nachforschungen zu dem Modell unsere Befürchtungen. So wurde es erst im Jahre 1978 durch einen Warnemünder Modellbauer auf Grundlage des Kapitänsbildes erschaffen und ist kein Zeitzeugnis aus dem 19. Jahrhundert. Damit verlieren auch die am Modell ablesbaren Details ihre Aussagekraft, da sie auf dem Kapitänsbild nicht erkennbar sind und somit der Kreativität des Modellbauers zugerechnet werden müssen. Die für eine Identifizierung des Wracks signifikanten Elemente beschränken sich somit auf die Dreimastigkeit, das ungewöhnlich kurze Achterschiff, das lange und die gesamte Schiffsbreite einnehmende Deckshaus und den Abstand zwischen Deckshaus und dem Bug. Alles Merkmale, die über das Kapitänsbild erschlossen werden können.